HIV-Leitfaden      Startseite : Inhaltsverzeichnis : Organspezifische Erkrankungen : Augenbeteiligung
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Augenbeteiligung

U. C. Schaller, A. J. Mueller, V. Klauß

 

Bei der Behandlung von HIV-Patienten kommt dem Augenarzt im Wesentlichen eine Bedeutung bei der Diagnose und Therapie opportunistischer Infektionen zu. Da heute alle das Auge befallenden opportunistischen Infektionen therapierbar sind, kann durch frühe Diagnostik und adäquate Therapie einer Erblindung vorgebeugt werden.

Seit der Einführung der hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) hat die Inzidenz opportunistischer Infektionen des Auges und deren Komplikationen in Mitteleuropa stark abgenommen.

Bei CD4 < 100/µl sollte allerdings eine routinemäßige Untersuchung des Augenvorder- und -hinterabschnittes unabhängig von Beschwerden alle 3 Monate stattfinden.

Eine reguläre ophtalmologische Untersuchung und kurze Anamnese zu subjektiven Veränderungen der Sehkraft hilft frische Infektionen rasch zu erkennen und behandeln.

Kommt es bei Patienten mit opportunistischer Infektion des Auges, z.B. Zytomegalie-Virus-Retinitis, unter HAART zu einer Verbesserung des Immunsystems (CD4 > 200/µl) kann die spezifische Therapie unter engmaschiger Kontrolle wieder abgesetzt werden. Hier entstand aufgrund der erneuten Immunkompetenz die visusbedrohende "Immune Recovery Uveitis" (IRU), die nunmehr eine in ihrer Bedeutung neue Rolle spielt.

Ganz anders stellt sich die Situation in Entwicklungsländern wie subsahara Afrika oder Schwellenländen dar. Da insbesondere in Entwicklungsländern HAART nicht für alle Patienten zugänglich ist, zusätzlich Mängel in der medizinischen Grundversorgung bestehen und begleitende Infektionserkrankungen hinzukommen, zeigen sich deutliche Unterschiede in der Augenbeteiligung im Vergleich zu den Industrienationen.

Zum Beispiel unterscheiden sich die verschiedenen AIDS-assoziierten Augenerkrankungen in ihrer Häufigkeit in Afrika deutlich von denjenigen in den Industrienationen. Insbesondere in Afrika handelt es sich bei dem Herpes zoster ophthalmicus häufig um eine Erstmanifestaion von HIV in einem frühen Krankheitsstadium. Bei Patienten, die keinen Zugang zu HAART haben folgt in 17% im weiteren Verlauf dem Herpes Zoster Ophtalmicus eine akute Retinanekrose (ANR) nach. Als Folge kann der Visus insbesondere bei zu später und unzureichender Behandlung bis auf die Wahrnehmung von Lichtschein oder weniger herabfallen.

Auch das Plattenepithelkarzinom der Bindehaut und Tuberkulose sind hier häufiger zu finden, während eine Zytomegalie-Virus-Retinitis und Kaposi Sarkom deutlich seltener auftreten.

Diese Besonderheiten sind insbesondere bei Patienten mit Migrationshintergrund zu beachten.


Erkrankung Erreger / Epidemiologie Klinik Diagnose Therapie

Sicca-Syndrom

11 % der HIV-Patienten

Brennen, Tränenträufeln
sekundär: bakterielle Konjunktivitis

typisches klinisches Bild, Schirmertest

künstliche Tränen,

tumoröse Veränderungen des vorderen
Augenabschnittes

Molluscum contagiosum (führen zusätzlich zu viraler Konjunktivitis)
Kaposi-Sarkom

häufig kosmetisch
störend

äußerer Aspekt

ggf. koagulierende
Laserbehandlung,
chirurgische Entfernung, Chemotherapie bei Kaposi-Sarkom

Affektionen durch Herpes Viren (HSV-1 und -2)

Typ I (occulocutan)
Typ II (genital)

Lidaffektionen,
Konjunktivitis Keratitis dentritica

typisches klinisches Bild

Topisch: Triflouridin AT, Aciclovir, Valaciclovir oder Famciclovir

Systemisch: Aciclovir, ggf. Foscarnet

Zytomegalie-Virus-Retinitis (siehe auch CMV-Infektionen)

40 % der AIDS-Patienten mit CD4 < 100/µl

Verschwommensehen, Gesichtsfeldausfall,
fliegende Mücken

typisches klinisches Bild "Ketchup- und Mayonnaise-Fundus"

Ganciclovir, Foscarnet, i.v. 

Cidofovir (Vistide®) i.v. 14-tägig lebenslange Erhaltungstherapie

akute Retinanekrose oder Progressive Outer Retinal Necrosis (PORN)

zweithäufigste virale Retinitis meist nach Zoster ophthalmicus

Bilaterale Entzündung der peripheren Netzhaut, 70 % begleitende Netzhautablösung

typisches klinisches Bild

Aciclovir i.v., Kombi-
nation von Ganciclovir + Foscarnet i.v., lebenslange Erhaltungstherapie mit Aciclovir oder Famciclovir

Zoster ophthalmicus

Varicella- Zoster-Virus Reaktivierung

 

Lidaffektionen,
Konjunktivitis, Keratitis, akute Retinanekrose

Typisches klinisches Bild

Aciclovir i.v.

Evtl. Brivudin

Bei Resistenz:

Foscarnet

Retinochorioiditis durchToxoplasmose

1 - 5 % der HIV-Patienten

zelliger Glaskörper, unscharfes, retinales Infiltrat, Panuveitis

typisches klinisches Bild

Pyrimethamin, Sulfadiazin, Clindamycin, altern. Spyramicin

Chorioiditis durch
Pneumocystis jirovecii

nach Inhalations-prophylaxe mit Pentamidin (intraokulare
Konzentration nicht hoch genug)

z. B. Chorioiditis

typischer Retinaler Befund mit gelb-orange-farbenen Infiltraten

Cotrimoxazol
Prophylaxe mit
Trimethoprim


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Seite zuletzt geändert am 16.11.2018 17:16:00