HIV-Leitfaden      Startseite : Inhaltsverzeichnis : Therapie : Antiretrovirale Therapie : Langzeit HIV-Patienten
Druckversion
Einleitung
Grundlagen
Diagnostik
Vom Symptom zur Diagnose
Vorgehen bei diagnostizierter HIV-Infektion
Therapie
Antiretrovirale Therapie
Therapiebeginn
Therapie beim nicht vorbehandelten Patienten
Die erste antiretrovirale Therapie
Postexpositionsprophylaxe
Therapiepausen
Therapieerfolg und Therapieversagen
Langzeit HIV-Patienten
Spezifische Nebenwirkungen
Komplementäre Therapieformen bei HIV
Psychotherapie bei HIV-Patienten
HIV-assoziierte Krankheitsbilder
HIV-assoziierte Neoplasien
HIV und Koinfektion
Organspezifische Erkrankungen
HIV-Infektion bei Kindern
Rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der HIV Infektion
Adresssuche
Klinische Bilder


Zum vorherigen KapitelZur vorherigen Seite Zur nächsten SeiteZum nächsten Kapitel

Der Langzeit-therapierte HIV-Patient

Hartwig Klinker

Die Behandlungserfolge der Hochaktiven Antiretroviralen Therapie (HAART) haben sich in den vergangenen Jahren durch die Zulassung neuer Substanzen, effektivere Kombinationsregime und ein optimiertes Therapiemanagement weiter verbessert.
Die klassischen, HIV-assoziierten Erkrankungen gehen kontinuierlich zurück, die Lebenserwartung von Patienten mit HIV-Infektion gleicht sich der Lebenserwartung der 'Normalbevölkerung' immer mehr an.
Nach einer großen Metaanalyse aus 14 Kohorten-Studien aus den Zeiträumen 1996-1999, 2000-2002 und 2003-2005 mit insgesamt mehr als 43.000 Patienten sank die Mortalitätsrate von 16,3 Todesfällen/1.000 Patientenjahre im Zeitraum 1996-1999 auf 10,0 Todesfälle/1.000 Patientenjahre im Zeitraum 2003-2005. Die Lebenserwartung eines 20-jährigen HIV-Patienten stieg im gleichen Zeitraum von 36,1 auf 49,4 Jahre.


Im Einzelnen ergaben sich folgende Daten: 

Ausgangsbedingung

Lebenserwartung (Jahre)

Lebensalter 20 Jahre alle

49,4 (bei Infektion im Zeitraum 2003-2005)

Lebensalter 35 Jahre alle

37,3 (bei Infektion im Zeitraum 2003-2005)


Bei Infektion im Zeitraum 1996-2005

Lebensalter 20 Jahre alle

43,1

Lebensalter 35 Jahre alle

31,7

Lebensalter 20 Jahre


Mann

42,8

Frau

44,2

Intravenöser Drogenabusus (IVDA)

32,6

Non-IVDA

44,7

CD4-Zellen < 100/µl

32,4

CD4-Zellen 100-199/µl

42,0

CD4-Zellen > 200/µl

50,4

Lebensalter 35 Jahre


Mann

31,7

Frau

32,5

Intravenöser Drogenabusus (IVDA)

23,4

Non-IVDA

33,0

CD4-Zellen < 100/µl

27,0

CD4-Zellen 100-199/µl

30,4

Lebensalter 20 Jahre, CD4-Zellen > 200/µl

37,2

Infolge der verbesserten Lebensperspektive nimmt der Anteil älterer HIV-Patienten stetig zu. Bereits jetzt sind in Deutschland mehr als 25% der Patienten älter als 50 Jahre, mehr als 10% älter als 60 Jahre (Daten aus der deutschen HIV-Kohorte).

Die klinische Präsentation von Patienten mit HIV-Infektion hat sich in den letzten Jahren durch diese Entwicklung deutlich verändert.

In zunehmendem Maße treten bei Langzeit-infizierten und/oder Langzeit-therapierten und/oder älteren Patienten gehäuft nicht unmittelbar HIV-assoziierte Erkrankungen auf. Zu nennen sind hier Leber- und Nierenerkrankungen, kardiovaskuläre Erkrankungen, Stoffwechselstörungen, Osteoporose und verschiedene Malignome.

Pathogenetisch handelt es sich um ein multifaktorielles Geschehen, wobei neben individueller Disposition Lifestyle-Faktoren (Rauchen, Alkohol-/Drogenkonsum), Toxizität antiretroviraler Dauermedikation, physiologische Alterungsprozesse und möglicherweise eine persistierende HIV-assoziierte immunologische Dysfunktion und chronische Inflammation eine Rolle spielen.

Bei vielen HIV-Infizierten entwickelt sich im langjährigen Verlauf auf diese Weise eine erhebliche Multimorbidität mit komplexen Auswirkungen auf notwendige Diagnostik und Therapie.

Damit hat sich das Aufgabenspektrum in der Betreuung HIV-infizierter Patienten bedeutend erweitert. Gerade bei Langzeit-infizierten und/oder Langzeit-therapierten und/oder älteren Patienten ist außer der Kontrolle HIV-assoziierter Parameter eine kontinuierliche und aktive Surveillance im Hinblick auf genannten, vielfältigen Krankheitsbilder notwendig.

Für viele Situationen stehen dabei geeignete Screeningverfahren zur Verfügung, die nachfolgend tabellarisch aufgeführt sind. Neben apparativer Diagnostik finden sich hier diverse Laborparameter und Biomarker.
Selbstverständlich ersetzen diese Untersuchungen nicht die gezielte Anamneseerhebung und körperliche Untersuchung. Die Auswahl der erforderlichen Diagnostik und geeignete Zeitintervalle sollten sich stets an individuellen Gesichtspunkten und Risikokonstellationen orientieren.

 

Zum vorherigen KapitelZur vorherigen Seite Zur nächsten SeiteZum nächsten Kapitel

Seite zuletzt geändert am 15.08.2015 11:25:00