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Therapieerfolg und Therapieversagen

Franz Mosthaf

Große Kohortenanalysen und Meta-Analysen haben entscheidend dazu beigetragen, Faktoren zu erkennen, die die Wirksamkeit einer antiretroviralen Therapie beeinflussen.

Die Erfolgsrate (Anteil der Patienten mit einer Virusbeladung unter der Nachweisgrenze) von HAART (highly active antiretroviral therapy) lag in diesen Analysen nach 12 Monaten Therapie bei 60 bis 80%.

Faktoren, die diese Erfolgrate positiv beeinflussten:

  • unvorbehandelte Patienten
  • möglichst hohe CD 4 Zellzahl zu Beginn der Therapie
  • möglichst niedrige Virusbeladung zu Beginn der Therapie
  • sehr gute Adhärenz (Therapietreue)
  • möglichst geringe Anzahl von Tabletten, einfache Einnahmemodalität
  • kurze Zeitspanne bis zum Erreichen des Nadirs (= Virusbeladung unter der Nachweisgrenze)
  • lange Zeitspanne mit einer Virusbeladung unter 500 Kopien/ml
  • bei vorbehandelten Patienten: Einsatz von ≥ 3 Substanzen, die in Resistenzanalysen eine Wirksamkeit gegen das Virus zeigten

Faktoren, die diese Erfolgrate negativ beeinflussten:

  • hohe Virusbeladung zu Beginn der Therapie
  • gleichzeitiger Drogengebrauch
  • mangelnde Adhärenz (Compliance)
  • hohe Tablettenanzahl und komplizierte Einnahme einer Therapie

Der Therapieerfolg wird zudem durch das CDC Stadium zu Beginn der Therapie beeinflusst. Insgesamt deuten diese Analysen daraufhin, dass ein möglichst früher Therapiebeginn mit einer verbesserten Ansprechrate korreliert und somit sinnvoll ist.

Gründe für ein Therapieversagen

Etwa 20% bis 33% aller Patienten, die initial auf eine Kombinationstherapie angesprochen hatten, zeigten im Verlauf von 6 bis 12 Monaten einen Anstieg der Virusbeladung.

Die Ursachen für ein solches Therapieversagen sind vielschichtig:

  • etwa 20% bis 40% der Patienten brechen die Therapie wegen Nebenwirkungen ab
  • bei ca. 8% ist eine mangelnde Adhärenz (Compliance) feststellbar, diese ist häufig durch Nebenwirkungen verursacht
  • andere Gründe sind in etwa 3% der Fälle zu finden
  • in klinischen Studien trat ein weiterer Faktor auf: etwa 10% bis 15% der Patienten erschienen nach einer gewissen Zeit nicht mehr bei den behandelnden Ärzten (sog. "lost-to-follow up")
  • rein virologisches Versagen: lediglich 1% bis 8%

Es wird deutlich, dass der Hauptgrund für ein Therapieversagen im Abbruch der Therapie aufgrund von Nebenwirkungen liegt. Damit unmittelbar in Zusammenhang steht die Adhärenz als Ursache für ein Versagen der Therapie. Ein rein virologisches Versagen war nur in wenigen Fällen die Ursache für ein Therapieversagen. Die ICONA Kohorte konnte nachweisen, dass Frauen ein um 50% höheres Risiko haben, eine Therapie aufgrund von Nebenwirkungen abzubrechen.

Vorgehen bei einem Therapieversagen

  1. Ursachenanalyse

    → Adhärenz
    → Nebenwirkungen
    → Wirksamkeit der Kombinationstherapie
    → Resorptionsstörungen (z.B. Erbrechen, Durchfall)
    → Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
    → Resistenzen

  2. Diagnostische Maßnahmen

    → ausführliche Anamnese

    • praktische Probleme bei der Einnahme der Medikamente
      • Tablettenzahl
      • Integration der Therapie in den Tagesablauf
    • ausreichende Aufklärung des Patienten
      • Einstellung des Patienten gegenüber der Therapie
      • Einstellung des Arztes gegenüber der Therapie
    • Begleiterkrankungen
      • Malabsorptionsprobleme
      • Stoffwechselstörungen
    • Begleitmedikation
      • Medikamenteninteraktionen

    → körperliche Untersuchung

    • Lipodystrophie-Zeichen
    • Begleiterkrankungen

    → Routinelabor, z.B.

    • CD4 Zellzahl
    • Virusbeladung (quantitative HIV-1 RNA PCR)
    • Blutbild
    • Leber- und Nierenwerte
    • Lipide und Glukosestoffwechsel (nüchtern)

→ Resistenzanalysen

→ Pharmakokinetische Untersuchungen (sinnvoll in Kombination mit Resistenzanalysen)

    • Spiegelbestimmungen der eingesetzten antiretroviralen Medikamente
    • Spiegelbestimmungen von Begleitmedikamenten